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Hangzhou ∙ Einmal um den West Lake mit dem Rollstuhl ∙ China

Mit dem Zug nach Hangzhou

Vollgepackt geht es heute nach Hangzhou. Die 7 Mio. Einwohner zählende Stadt ist bekannt für ihre großen Grünflächen und Parkanlagen 🌳 sowie den West Lake, welcher von Bergen und Klöstern umgeben wird.

Gut, dass wir einen Rollstuhl haben! Franzi kann weiterhin keine Rucksäcke für die nächsten Monate tragen. So setzt sich Franzi auf den Rollstuhl und ich lade ihren großen Rucksack sowie unseren Keksbeutel auf ihren Schoß ab. Den kleinen Rucksack hänge ich zusätzlich noch an das Gestell des Rollstuhls. Das restliche Gepäck schnalle ich mir um und los geht es. Wieder ziehen wir zahlreiche Blicke der Chinesen auf uns. Vor allem ältere Menschen starren permanent auf uns, egal wo wir uns befinden. Man kann dies gut mit einer Kuhherde auf den Bergen in Deutschland oder Österreich vergleichen. Alle Köpfe sind die ganze Zeit auf dich gerichtet, egal wohin du dich bewegst. Die Tiere und auch die Chinesen folgen dir mit ihren Blicken. Sie müssen nicht einmal dabei blinzeln. Wenn du längere Zeit zurück schaust fangen sie dann meist an zu lachen oder winken dir zu 😉. Wir werden in einen unserer nächsten China Videos versuchen, dieses merkwürdige und zugleich lustige Verhalten für euch festzuhalten 😊.

Endlich haben wir es geschafft und sind nach einer fast einstündigen Metrofahrt am Bahnhof in Shanghai angekommen. Man vergisst schnell, wie groß Shanghai eigentlich ist und dass Bahnhöfe selten im Zentrum anzutreffen sind. Die Tickets haben wir bequem vorher online über die Webseite ctrips gebucht. Über das Portal kann man einfach und günstiger als über unsere deutschen Reiseportale Züge, Flüge und Unterkünfte buchen 💴. Die Seite gibt es auch in deutscher Sprache. Bei der Zugbuchung erhält man einen Voucher, welchen man vorher noch an einen beliebigen Bahnhof gegen das richtige Ticket eintauschen muss. Am Bahnhof 🚆 spricht dann aber keiner mehr Englisch. Das ist auch nicht notwendig. Am Schalter zeigen wir unsere Personalausweise und den Voucher hin und bekommen sofort die Tickets ausgestellt. Dann betreten wir die Bahnhofshalle durch einen Sicherheitscheck. Im Anschluss muss man im Wartebereich Platz nehmen, bis das Zug Gleis freigegeben wird. Anders als in Deutschland sind die Gleise extra abgesichert. Erst 15-20 Minuten vor Abfahrt des Zuges darf das Gleis nach der Ticketkontrolle betreten werden. Um zu den Gleis zu gelangen muss man jedoch mit seinem gesamten Gepäck sehr viele Stufen und Wege überwinden. Für uns mit dem Rollstuhl dauert dies oft sehr lange. In China rechnet keiner damit, dass man Probleme mit Treppen hat. Es hilft jedoch dann meist ein Bahnangestellter und bringt uns über längere Umwege bis zum Gleis ohne das man Treppen benutzen muss. Dafür hat man dann aber den ganzen Bahnhof gesehen. Endlich sind wir dann im Zug und fahren nach Hangzhou 🚆.

Dieses Prozedere ist übrigens bei allen Bahnverbindungen gleich. Egal ob man eine 16 stündige Nachtfahrt vor sich hat oder nur 20 Minuten mit der Regionalbahn in den nächsten Ort will.

So brauchen wir auch länger vom Eingang des Bahnhofs bis zum Zug als die eigentliche Fahrtzeit des Zuges 😋. Ohne Rollstuhl ist man aber sicherlich schneller.

Angekommen in Hangzhou übernachten wir diesmal beide bei unserer Couchsurferin Lidia. Couchsurfing funktioniert übrigens ganz gut in China. Wir haben einfach ein paar öffentliche Reise bei Couchsurfing eingestellt, wann wir planen in welcher Stadt zu sein, und viele chinesische Couchsurfer haben uns bereits eine Woche vorher angeschrieben und gefragt, ob wir bei Ihnen übernachten wollen. Wir mussten bisher keinen einzigen Couchsurfer selbst suchen 😊. Für Shanghai und Hangzhou haben wir über 10 Angebote bekommen. Es ist schön zu sehen, dass so viele junge Chinesen offen sind und uns treffen wollen. Wir können euch Couchsurfing für euren nächsten China Trip nur empfehlen.

Lidia wohnt recht zentral in Hangzhou 🏙, nur eine Metro Station vom Bahnhof entfernt. Doch hier gibt es das erste Problem. Es gibt keine Fahrstühle mehr und selten Rolltreppen. Mit unserem ganzen Gepäck ist es so ziemlich schwierig zur Metro zu gelangen. Nach einer langen Suche für den besten Weg zur Bahn geben wir auf und entscheiden uns für ein Taxi. Doch auch dies ist in China für Rollstuhlfahrer und ausländische Touristen nicht so einfach. Taxifahrer haben keine Pflicht, bestimmte Personen mitzunehmen. Aufgrund der kurzen Distanz und unseres gesamten Gepäcks mit Rollstuhl werden wir immer wieder abgelehnt bzw. die Taxifahrer halten nicht einmal an. Zum Glück gibt es aber noch den Dienst Didi. Er funktioniert genauso wie UBER in der USA oder GrabCar in Malaysia. Über eine App auf dem Handy gibt man Start und Zieladresse ein und sieht wie lange der Fahrer noch zu dir braucht. Vor jeder Fahrt rufen die Fahrer an, um die genaue Abholung zu besprechen. Leider spricht kein Fahrer Englisch, was dann alles schwieriger gestaltet. Zum Glück sehen uns wieder zwei junge, hilfsbereite Chinesen hilflos am Rand des Bahnhofes stehen. Sie bestellen für uns über ihr Didi Konto ein Fahrer, welcher uns zu Lidia bringt und bezahlen auch gleich die Fahrt mit ihrem Handy.

Die Fahrt kostet nur 2 Euro. Leider sehen wir unsere Helfer nicht noch einmal persönlich. Doch wir haben ihre Handynummer. So geben wir Lidia das Geld in Bar und sie kann es über das Telefon direkt an die Telefonnummer senden. Das geht ganz schnell über die Whatsapp Messenger Alternative WeChat. Der Dienst wird zwar von der Regierung überwacht, aber fast jeder Chinese nutzt ihn.

Lidia wohnt in der 4. Etage und das Haus hat leider keinen Fahrstuhl. Für die erste Nacht bietet Sie uns an, in ihrer zweiten Wohnung, welche sie über AirBnB vermietet, zu übernachten. Diese befindet sich nämlich im Erdgeschoss. Wie praktisch 😊. Die AirBnB Gäste tauschen netterweise für uns die Wohnung, obwohl sie sogar dafür bezahlen. Dann geht es am Abend in die Stadt mit unserer Couchsurferin Lidia und den beiden AirBnB Gästen, welche leider nur chinesisch sprechen. Unser Ziel ist ein zentraler Platz mit Springbrunnen am großen Theater von Hangzhou bei dem Qiantang Fluss. Dort findet nämlich zweimal in der Woche eine Licht- und Musikshow statt. Zum Glück ist heute einer dieser Tage. Auf den Platz gibt es einen großen Springbrunnen ⛲, wo das Wasser sich zur Musik bewegt. Um den Platz sind zahlreiche große Hochhäuser errichtet wurden. Alle werden als Bildfläche der Lichtershow verwendet. So werden auf die Fassaden der Hochhäuser verschiedene Bilder und Animationen z.B. von Mickey Maus projiziert. Dies sieht fantastisch aus. Leider sind wir mit dem Rollstuhl etwas langsamer, da es wieder keine Fahrstühle gibt. So verpassen wir den Anfang der Show und am Ende beginnt es dann noch zu regnen. Dennoch haben wir ein paar schöne Aufnahmen von der Show für uns und euch gemacht 😉. Im Anschluss geht es gemeinsam zum Abendessen. Dort gibt es wieder leckere gebratene Dumplings, eine merkwürdige süße Reissuppe sowie lila gefärbte Süßkartoffel-Teigbällchen und etwas Schweinefleisch 🍜.

Danach geht es zurück in unsere Couchsurfing-Unterkunft und gleich ins Bett. Apropos Betten: Die Chinesen lieben dünne und harte Matratzen. Daran müssen wir uns erst einmal gewöhnen. Denn hier ist die Matratze nur wenige Zentimeter dick, sodass es sich anfühlt, als ob man auf einem Brett liegt.

West Lake

Am nächsten Morgen geht es dann auf Erkundungstour. Unser Ziel ist der Westsee, die Hauptsehenswürdigkeit von Hangzhou. Der See wurde 2011 zum UNESCO Weltkulturerbe ernannt. In der Mitte wurde eine kleine künstliche Insel aufgeschüttet, wo viele kleine und auch große Touristenboote hinfahren 🛥️. Doch die eigentlichen Sehenswürdigkeiten liegen rund um den See. Normalerweise würden wir jetzt ein Fahrrad 🚲 ausleihen. Doch dies ist wegen Franzis Bein noch nicht möglich. So geht es mit dem Rollstuhl zum See. Eine Runde um den See ist über 15 km lang.

Am Seeufer gibt es zahlreiche Parks mit kleinen Wegen, Pavillons, Statuen sowie Restaurants. Im Wasser befinden sich am Rand zahlreiche große Seerosen. Hier ist es idyllisch und manchmal auch recht ruhig, wenn nicht gerade eine chinesische Reisegruppe vorbei kommt 😋. Wir rollen entlang des Ufers durch die verschiedenen Parks. Da wir noch genug Zeit haben, beschließen wir den See mit dem Rollstuhl zu umrunden. Der zweite Teil des Seeufers ist geprägt von zahlreichen Brücken und Dämmen, welche zum Glück keine Stufen haben. Jede einzelne ist eine eigene kleine Sehenswürdigkeit. So rollen wir über die „Broken Bridge“ und „Colorful Strip Bridge“ entlang des Bai-Damms zu der anderen Seeseite. Dort folgt ein weiter Damm: Der Su-Damm.  Bekannt ist der Damm für seine schöne Allee 🌳, welche von Bäumen gesäumt ist und über 6 Brücken führt. Vor jeder kleinen Brücke brauche ich etwas Anlauf. So bekomme ich mit Schwung den Rollstuhl recht gut über jede einzelne Brücke.

Nach den ganzen Brücken erreichen wir die Leifeng Pagode. Dies ist ein großer Turm mit Blick über den West Lake. Am See haben wir viele Pagoden entdeckt. Meist jedoch auf einen Berg oder in einer kleinen Entfernung. Die Leifeng Pagode liegt direkt am See in einen kleinen Waldabschnitt und ist durch ihre Lage die bekannteste und beliebteste Pagode bei Touristen. Leider sind Aussichtstürme für uns gerade nicht so gut geeignet, sodass wir weiter den See durch die zahlreichen Parks umrunden 🌳.

Am späten Nachmittag kommen wir wieder in unserer Unterkunft an. Bei vielen schönen Stopps am Seeufer haben wir die Aussicht genossen und mit dem Rollstuhl eine Seeumrundung geschafft. Wir sind stolz auf uns 😊.

Wenn ihr in Hangzhou unterwegs seid und noch mehr Zeit habt, könnt ihr noch die umliegenden Klosteranlagen (liegen aber auf einer Anhöhe) sowie die etwas entfernteren Teeplantagen besuchen.

Hefang Straße

Wir entscheiden uns aber lieber noch für eine andere Sehenswürdigkeit. So geht es abends nochmals mit dem Rollstuhl und diesmal auch mit unserer Couchsurferin und einem zusätzlichen Gast los. Lidia hatte nämlich noch einen Couchsurfer zu Gast für die heutige Nacht, den sie fast vergessen hätte. Er hat nur kein Bett und musste es sich auf den Fußboden vor Lidias Bett bequem machen. Aber er hat damit keine Probleme und freut sich auf einen schönen Abend mit uns. Los geht es in die Hefang Straße. Hier wurde die Altstadt etwas nachgebaut. Es gibt viele Läden und Restaurants. Alle sind dort etwas teuer, aber dafür hübsch anzusehen. Wir spazieren und rollen durch die Straße und besuchen die direkt angrenzende Street Food Gasse 🍜. Dort reiht sich eine kleine Garküche neben die Nächste. Im Hintergrund sieht man die beleuchteten Pagoden und Klosteranlagen von den Anhöhen des West Lakes. Es ist hier wirklich schön und wir genießen den Spaziergang. Im Anschluss geht es zum Abendessen 😊. Hier will uns Lidia noch eines ihrer Lieblingsrestaurants zeigen. Doch in Hangzhou schließen wohl die Restaurants recht zeitig. Es ist kurz nach 21 Uhr und fast alles hat nach unserem Spaziergang zu. Schade. So geht es in eines der verbleibenden offenen Restaurants. Dort gibt es wieder eine Nudelsuppe mit ein wenig Fleisch.

Am nächsten Morgen geht es nun schon wieder zum Flughafen. Leider hatten wir durch unseren längeren Aufenthalt in Shanghai nicht mehr Zeit für Hangzhou. Jedoch wäre es auch für uns schwierig gewesen, die weiteren Sehenswürdigkeiten mit Rollstuhl zu besuchen, da diese fast alle auf den umliegenden Bergen des West Lakes liegen. Uns haben aber die Stadt und der See sehr gut gefallen.

Wir haben wieder mit der Didi App und Lidias Hilfe ein Auto zum Flughafen gebucht. China ist ein sehr großes Land und eine Zugfahrt zu unserem nächsten Ziel dauert über 20h. Fliegen ist da viel bequemer. Wir sind auch vorgewarnt von vielen Reiseberichten über chinesische Inlandsflüge. Sie sollen oft eine hohe Verspätung aufweisen. Doch wir haben Glück und heben pünktlich zu unserem nächsten Stopp in China ab 🛫. Dort werden wir die nächsten 7 Tage verbringen 😊.

Unsere Fotos aus Hangzhou

Alle unsere Bilder findet ihr in voller Auflösung jetzt auf Google Photos.

Besucht einfach unser Album: Hangzhou

Über unseren Youtube Kanal Weltenbummler Unterwegs könnt ihr dazu auch das passendes Video sehen.

Viel Spaß beim Anschauen 😊.